(17.07.2010) Märkische Allgemeine

Die Verwaltungsrichter argumentieren in ihrem Urteil unter anderem mit dem Parteienprivileg und dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Da Parteien bis zu ihrem Verbot privilegiert seien, dürften deren Meinungsäußerungen nicht beschränkt werden, solange diese nicht gegen Strafgesetze verstießen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls wurde die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

Auslöser des Verfahrens war der NPD-Bundesparteitag im April vergangenen Jahres im Rathaus Reinickendorf. Das dortige Bezirksamt hatte der Partei den Ernst-Reuter-Saal verweigert. Aufgrund einer einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts stellte der Bezirk den Saal dann aber doch zur Verfügung, jedoch unter dem Vorbehalt, dass der Parteitag keinen rassistischen, antisemitischen und antidemokratischen Verlauf nehme. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts war der Widerrufsvorbehalt rechtswidrig. Er entspreche nicht dem allgemeinen Verfahrensrecht, heißt es im Urteil. Der Vorbehalt verstoße auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da das Bezirksamt anderen Parteien Säle ohne Nebenbestimmungen überlassen habe.

Mit dem Urteil haben sich – zunächst jedenfalls – die Hoffnungen vieler Städte zerschlagen, dass der Berliner Nutzungsvertrag deutschlandweit Vorbild werden könnte für den Umgang mit geplanten Veranstaltungen der rechten Szene. Die vom Gericht monierten sogenannten antifaschistischen Klauseln sind an den Muster-Raumnutzungsvertrag angelehnt, den die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) erstellt hat, um die kommunale Politik und Verwaltung in ihren Bemühungen um einen angemessenen Umgang mit rechtsextremen Anmietungsversuchen zu unterstützen. Die MBR-Broschüre „Handlungsspielräume“ wird auch in Brandenburg genutzt. MBR-Projektleiterin Bianca Klose zeigt sich trotz des Urteils nicht enttäuscht, erklärte aber auch: Die NPD, „die öffentlich die Grundrechte ablehnt und mit Füßen tritt“, habe „ihr Recht eingeklagt, sich öffentlich antisemitisch, rassistisch und vor allem antidemokratisch äußern zu dürfen“. Das MBR will es auch nach dem Urteil auf juristische Auseinandersetzungen ankommen lassen. Entlang der vom Gericht vorgegebenen Eckpunkte müsse nun das derzeitige Verfahren der Raumvergabe modifiziert werden, sagte Klose.

(_Stephan Laude_)

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