Still war es geworden um die rechtsextreme Kameradschaftsszene in Berlin. Einige Jahre hatte man nichts aus dieser Richtung gehört – bis Ende 2008 die Organisation “Frontbann 24” auftauchte. Die Neonazis betreiben mehrere Sektionen in der Stadt. Nun bekommen sie Ärger mit der Polizei: Die Beamten greifen gegen die uniformähnliche Kleidung der Kameradschaft auf Demonstrationen durch.
Ganz in Schwarz gekleidet waren die “Frontbann”-Mitglieder zuletzt auf verschiedenen Aufzügen zu sehen. Rechts auf ihren Hemden prangt ein Reichsadler, links der “Frontbann”-Schriftzug, am Kragen eine “24” – ein Bezug auf die gleichnamige, 1924 gegründete Vorgängerorganisation der nationalsozialistischen SA. Daneben schwenkten die zumeist glatzköpfigen Neonazis ihre schwarze Fahne mit schwarz-weiß-rotem “Frontbann 24”-Aufdruck. “Es ist ein Auftritt, der ein Bedrohungspotenzial suggerieren soll”, so Ulf Bünermann von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR).
Im brandenburgischen Storkow schritt die Polizei nun erstmals gegen den martialischen Auftritt ein: Bei einer NPD-Demonstration am Wochenende veranlasste sie, dass drei “Frontbann”-Mitglieder ihre Embleme abkleben mussten. Grund sei das Uniformverbot auf Versammlungen, so eine lokale Polizeisprecherin. Auch die Berliner Polizei kündigt an, nicht das “geringste Anzeichen einer gleichförmigen Kleidung” von “Frontbann”-Mitglieder auf Demonstrationen zu dulden. “Wir sind zum Einschreiten verpflichtet, wenn gegen das Uniformverbot verstoßen wird”, so Polizeisprecher Thomas Goldack.
Der Verfassungsschutz sieht im “Frontbann 24” die erste relevante Neonazi-Gruppe nach den Verboten der “Kameradschaft Tor” und “Berliner Alternative Süd-Ost” 2005. Beim “Frontbann” würden sich rund 50 bis 60 Personen “mit rechtsextremistischen Vorlauf” tummeln, die teils als gewaltbereit einzuschätzen seien. Im Schnitt seien die Neonazis 30 bis 45 Jahre alt. Es gebe Sektionen in Schöneweide, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Neukölln. Auf einem Antifa-Flugblatt will man von dienstäglichen Gruppentreffen in einer Tempelhofer Kneipe wissen.
Es ist vor allem der rege Demo-Aktionismus, durch den die Gruppe bisher auffiel. Am 1. Mai versammelten sie sich vor der NPD-Zentrale in Köpenick, im März forderten sie vorm Amtsgericht Tiergarten “Todesstrafe für Kinderschänder”. “Frontbann”-Fahnen wehten auf Neonazi-Demos in Oranienburg, Bad Freienwalde, Schöneiche, Rathenow oder Luckenwalde. “Inhaltlich sieht es dagegen sehr mager aus”, so MBR-Experte Bünermann. Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv sieht lediglich eine verbindende “SA-Mystifizierung und einen Hang zu paramilitärischen Anspielungen”.
Der Verfassungsschutz spricht von “bewusst gewählten Bezüge zum historischen Nationalsozialismus”. In einem Flugblatt schreibe die Gruppe von einem “Leben unter einer Marionettenregierung, die vom Zentralrat der Auserwählten und Besatzer gesteuert wird”. Bünermann schüttelt den Kopf: “Das ist oldschool Rechtsextremismus, Sehnsucht nach dem Revival.”
Experten sehen in der Kameradschaft eine Abspaltung unzufriedener NPD-Mitglieder. Laut Jentsch sind dies vor allem aktionsorientierte Neonazis, die nicht mit NPD-Landeschef Jörg Hähnel auskommen. Einige hätten sich bereits “Frontbann”-Tatttoos zugelegt, heißt es beim MBR. Offen pflegt Gesine Hennrich, ehemalige NPD-Chefin von Marzahn-Hellersdorf, Kontakte zum “Frontbann”.
Bünermann begrüßt das Vorgehen der Polizei gegen die Embleme der Kameradschaft, da diese NS-Symbolen ähneln. Laut Polizei beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem “Frontbann”: Voraussetzungen für ein Vereinigungsverbot seien bisher aber nicht gegeben.
(Konrad Litschko)