Es kann jeden Bezirk treffen: Ein Bekleidungsladen eröffnet, in seinem Sortiment Marken, die in der rechtsextremen Szene getragen werden. Oder ein NPD-Kreisverband will einen Raum für eine Veranstaltung anmieten. Bislang sind die zwölf Berliner Bezirke in solchen Fällen unterschiedlich vorgegangen. Das soll sich in Zukunft ändern.
Vertreter aller Bezirke beschlossen am Montag eine Erklärung zum einheitlichen Umgang mit Rechtsextremismus. “Wir haben beobachtet, dass die Rechtsextremisten sehr wohl wahrnehmen, dass die Bezirke uneinheitlich reagieren”, sagt Bianca Klose von der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (mbr). Sähen sie in einem Bezirk größere Hindernisse, würden sie eben auf einen anderen ausweichen.
Der Kern der Erklärung: Rechtsextremisten soll es so schwer wie möglich gemacht werden, ihre Propaganda zu verbreiten. Dazu gehören etwa “Mietklauseln zur Verhinderung rechtsextremer Wirtschaftsunternehmungen oder eine entsprechende Vergabepraxis öffentlich-rechtlicher Räume”, so die Erklärung. Damit soll berlinweit Standard werden, was bislang nur einige Bezirke angewandt haben: Klauseln, die im Mietvertrag für Räume die Verbreitung rassistischen, antisemitischen, antidemokratischen oder rechtsextremen Gedankenguts verbieten. Und darüber hinaus die Möglichkeit bieten, dieses Verbot zu kontrollieren, sowie eine Vertragsstrafe bei Verletzung der Vorgaben vorsehen.
Norbert Kopp (CDU), Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, hat mit dem Vorgehen bereits gute Erfahrungen gemacht: Als die NPD im März vergangenen Jahres ihren Parteitag in einem Lankwitzer Seniorenheim abhalten wollte, hielt eine derartige Klausel die rechtsextreme Partei von der Unterschrift unter dem Nutzungsvertrag ab.
Problematischer wird es bei rechtsextremen Geschäften. Hier sollen Vermieter aufgefordert werden, ähnliche Klauseln in ihre Mietverträge aufzunehmen und so zum Beispiel den Verkauf von Produkten, die in der rechten Szene beliebt sind, zu untersagen. Was ohne entsprechende Klauseln passiert, ist derzeit bei zwei einschlägigen Läden zu sehen: Sowohl der Tromsø-Laden in Friedrichshain als auch der Tønsberg-Laden in Mitte sind seit mehreren Monaten gekündigt. Die Mieter haben allerdings dagegen geklagt – ein Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann.
Mit ihrem einheitlichen Handeln wollen die Bezirke gegen das vorgehen, was Bianca Klose als “raumgreifende Strategie” beschreibt: Je mehr rechtsextremes Gedankengut im Alltag vorhanden ist, desto eher stellt sich ein Gewöhnungseffekt ein – und desto mehr erscheinen wiederum entsprechende Parteien als wählbar.
Die Bezirksbürgermeister sind sich bewusst, dass beim Kampf gegen rechts ein langer Atem gefragt ist. “Es ist nichts, was in wenigen Wochen erledigt ist”, sagt Franz Schulz (Grüne), Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg. Ebenso wichtig sei daher Widerstand gegen rechts aus der Zivilgesellschaft.
(Svenja Bergt)